Bienenpolitisches aus der Imkerei Ahrens

Wie man durch Honig kaufen der Umwelt helfen kann

22. August 2024 • Europäische Union

Das Freihandelsabkommen Imkerei und der Honig

Welche Auswirkungen hat das Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP für den Imkereisektor?

Europa ist ein echtes Problem für Hersteller von potentiell gefährlichen Produkten. Während in den USA erst nach einem Schaden Sammelklagen von betroffenen Kunden teuer werden können, vermiest in Europa die Regulierung nach dem Vorsorgeprinzip schon im Vorfeld die Geschäfte.

In den USA liegt die Beweislast beim Geschädigten. In Europa muss der Hersteller beweisen, dass sein Produkt sicher ist. Natürlich ist diese Darstellung stark vereinfacht, aber das amerikanische Grundprinzip „Erst schießen, dann Fragen stellen.“ ist doch ein wichtiger Unterschied zu Europa.

In den letzten Jahren hatten wir als Imker leider die Gelegenheit, zwei Problemfelder sehr genau kennenzulernen. Beginnen wir mit dem Problemfeld der Pestizide: Im Moment versuchen wir, die auf zwei Jahre befristeten Teilverbote für die drei wichtigsten Neonicotinoide und Fipronil zu einem umfassenden und dauerhaften Verbot bienengefährlicher Insektizide zu erweitern. Die Hersteller akzeptieren selbst das zeitlich befristete Teilverbot nicht und haben die Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt.

Man wolle Klarheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen. Die betroffenen Wirkstoffe seien zugelassen und nun ohne neue Faktenlage verboten worden. Das Entscheidungsverfahren sei fehlerhaft und die Zulassungsbehörde (EFSA) habe ungenau und unvollständig geprüft. Die Chemieindustrie hat mit dem „fehlerhaften Entscheidungsverfahren“ ein grundsätzliches Problem.

Im Mai 2013 schrieb CropLifeAmerica an den US-Handelsbeauftragten und bezeichnete das Verbot der Neonicotinoide als ein Beispiel für den „Missbrauch des Vorsorgeprinzips durch die EU“ und beschreibt die „aktuell stattfindende Kategorisierung von Chemikalien als endokrine Disruptoren" als „höchst problematisch".

Dies widerspreche dem wissenschaftsbasierten Risikobewertungsansatz, wie er von der US Environmental Protection Agency EPA angewendet wird. Das Schreiben ging deshalb an den US-Handelsbeauftragten, weil auf dem Wege des Freihandelsabkommens zwischen der EU und des USA ein Generalangriff auf die Anwendung des Vorsorgeprinzips durch die EU unternommen werden soll. Sollte dieses Abkommen vor Auslaufen des Neonic-Verbots in Kraft treten, wird es deutlich schwieriger werden, das Verbot zu verlängern oder zu gar erweitern. Es geht den Herstellern aber nicht nur um die aktuell betroffenen Produkte. Diese werden schon seit vielen Jahren so großflächig angewendet, dass die Schädlinge zum Teil bereits resistent sind.

Auch wenn es nicht zu einem dauerhaften Verbot kommt, werden die Wirkstoffe durch neue Produkte ersetzt werden müssen. Deren Zulassung könnte aber an den bereits von der EFSA vorgeschlagenen verbesserten Zulassungstests scheitern. Deshalb wird intensiv daran gearbeitet, eine stärkere Regulierung und eine konsequente Anwendung des Vorsorgeprinzips zu verhindern. Dies ist das Ziel der amerikanischen Seite in den TTIP-Verhandlungen.

Ob die EU-Kommission tatsächlich in den Verhandlungen die europäischen Standards verteidigt, können wir leider nicht überprüfen, da dieser Prozess sich vor allem durch umfassende Geheimhaltung auszeichnet. Aus der Bienenperspektive können wir jedoch aufgrund eigener Erfahrungen einiges zur Vertrauenswürdigkeit der EU-Kommission sagen.

Die gleiche Kommission, die gerade den Bürgern erzählt, dass die hohen Verbraucherschutzstandards der EU nicht verhandelbar seien, haben gerade mit allen Mitteln das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Kennzeichnung von Gentechnik im Honig ausgehebelt. Mathias Groote (SPD) war zum Zeitpunkt der Abstimmung über den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Honigverordnung Vorsitzender vom federführenden Umweltausschuss des Europäischen Parlaments.

In einer öffentlichen Veranstaltung im bayerischen Landtag vor einigen Monaten sagte er, dass das fragwürdige Vorgehen der Kommissionnach seiner Einschätzung „vorrauseilender Gehorsam“ gegenüber den Amerikanern gewesen sei. Man habe dieses Problem aus den TTIP-Verhandlungen heraushalten wollen.

Genauso wie das Vorsorgeprinzip, ist auch das europäische Gentechnikrecht den Konzernen ein Dorn im Auge. Auf dem Umweg über das Freihandelsabkommen möchte man endlich den Weg für die Gentechnik in Europa frei machen. An dieser Stelle sei nochmal daran erinnert, dass das heute in Europa gültige Gentechnikrecht nicht etwa das Ergebnis eines demokratischen Willensbildungsprozesses in der EU ist. Im Gegensatz zur Schweiz gab es hier nie eine Volksabstimmung. Vielmehr hatte die EU seit 1998 ein Gentechnikmoratorium, da die Bürger damals wie heute mit großer Mehrheit den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ablehnten.

Nach Klage von USA, Kanada und Argentinien vor einem Schiedsgericht der Welthandelsorganisation (WTO) beendete 2003 die EU das Moratorium und öffnete die Tür für die umstrittenen Pflanzen. Schon damals wurden die Regeln des Freihandels und ein damit verbundenes Rechtssystem angewendet, um sowohl demokratische Entscheidungen als auch die demokratisch legitimierte nationale Gerichtsbarkeit zu umgehen.

Um den Bürgern den Einstieg in die Agro-Gentechnik zu verkaufen versprach die Kommission Wahlfreiheit, Koexistenz und Null-Toleranz bei nicht-zugelassenen GVOs. Aber schon wenige Monate später, überlegte man in Brüssel, wie man die Einhaltung dieser Versprechen beim Honig vermeiden kann, damit sich aus der Koexistenz mit der Imkerei keine Einschränkungen für die Gentechnikindustrie ergeben. Diese Farce konnten wir mit Hilfe des EuGH erst 2011 beenden und platzten damit mitten in die anlaufenden TTIP-Verhandlungen hinein.

Dadurch sah sich die Kommission gezwungen, den Bienen eine neue magische Fähigkeit zuzuschreiben. Nach der neuen Honig-Richtlinie soll der Verbraucher nun glauben, dass Bienen in der Lage sind, gentechnisch veränderten Pollen durch den Eintrag in den Honig in ein natürliches Produkt zu verwandeln.

Für uns Imker zeigen die Beispiele Pestizide und Gentechnik, wie gefährlich dieses demokratiefreie Abkommen für hart erkämpfte Erfolge und zukünftigen Schutz unserer Bienen sein kann. Viele der umstrittenen Regelungen sind bereits in einem ähnlichen Abkommen mit Kanada (CETA) enthalten, das demnächst in den Ratifizierungsprozess gehen soll.

Die Bürger verstehen sofort, dass ein Vertrauensvorschuss für die Kommission bei den TTIP-Verhandlungen keinesfalls gerechtfertigt ist, wenn wir darüber berichten, wie man mit uns Imkern in den letzten 10 Jahren und ganz aktuell bei der Frage der Gentechnik umgangen ist. Daher unterstützen wir die Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA.

Walter Haefeker (Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes EPBA)

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